Interview mit Patrick Schäfer zum Shepherd Velox F1

Die Formel-Klasse erfreut sich immer weiterer Beliebtheit. Das bleibt auch bei Nitro-Herstellern nicht unbemerkt. Nun kommt mit dem Shepherd Velox F1 ein weiteres Modell auf den Markt. Was unterscheidet den Velox vom Rest im Formelfeld? Was treibt einen Hersteller, der bisher für hochwertige Nitro-Wettbewerbs-Modelle steht, in die Formel-Elektro-Szene? Wie erschafft man ein Elektro-Modell ohne einen Vorgänger zu haben? Fragen über Fragen, die wir versucht haben Patrick Schäfer, Konsrukteur und Inhaber von Shepherd Micro Racing, im Interview zu entlocken. Patrick ist Diplom-Ingenieur und bereits seit Ende der 80iger Jahre mit dem RC-Rennsport verbunden. Seit 1994 ist er fester Bestandteil der VG8-Szene.  Halten wir uns nicht länger mit Smalltalk auf, gehen wir in die Vollen! Zeit haben wir keine zu verlieren. Nicht auf der Strecke und auch nicht beim Informationen herauskitzeln! 🙂


mikanews:Wann kam die Idee, die Produktpalette um ein weiteres (Elektro-)Modell zu erweitern?


Patrick Schäfer: Die Idee für ein weiteres Elektro-Modell hatten wir Anfang 2015. Naturgemäß ist  im Nitro-Bereich in den Wintermonaten ein deutlicher Umsatzrückgang zu verzeichnen, obwohl wir durch unser weltweites Vertriebsnetzwerk auch viele Kunden haben, die das ganze Jahr fahren können. Ein Elektro-Modell für den Winter schien uns da der richtige Schritt zu sein.


mikanews: Wann wurde mit den Planungen für ein neues Chassis von Shepherd begonnen?


Patrick Schäfer: Die Plannung wurden kurz darauf in Angriff genommen. Zunächst haben wir den Markt analysiert und uns nach erfahrenen Piloten umgesehen, die uns von Anfang an unterstützen. Mit Roman Pichler und Michael Häuptli haben wir zwei sehr versierte Formel-Fahrer für unser Projekt gewinnen können, die uns mit Ihrer Erfahrung unterstützt haben.


mikanews: Wer war federführend bei der Entwicklung und den ersten Zeichnungen?


Patrick Schäfer:  Die Entwicklung lag von Anfang an in meiner Hand, aber ich habe einiges an Input von Roman und Michael übernommen. Der Austausch hat hier sehr gut funktioniert.
mikanews: Wieso viel die Wahl auf ein Formel-Chassis?


Patrick Schäfer: Die Formel-Klasse sehen wir deutlich im Aufwind. Bei den letzten ETS Rennen konnten immer neue Teilnehmerrekorde verzeichnet werden. Des weiteren wollten wir ein Modell auf den Markt bringen, das nicht im absoluten High-End-Bereich angesiedelt ist. Wir wollten auch Einsteiger oder Umsteiger ansprechen. Die Formelklasse ist dafür ideal, da der Speed nicht so hoch ist und sich die Investitionskosten im Rahmen halten.


mikanews: Wie lange dauerten die Konstruktionsarbeiten?


Patrick Schäfer: Die Konstruktionsarbeiten haben ca. 3 Monate gedauert.


mikanews: Welcher Teil brauchte am meisten Zeit?


Patrick Schäfer: Am längsten habe ich für die Vorderachse gebraucht, da man hier einfach die meisten Konstruktions-möglichkeiten hat. Auch spielt hier die Geometrie sowie die verschiedenen Setup-Optionen eine wichtige Rolle.


mikanews: Bisher setzen nur wenige Formel-Chassis auf eine hintere Höhenverstellung mittels Distanzscheiben. Warum setzt man beim Velox F1 auch auf dieses System?


Patrick Schäfer:  Durch dieses System kann man relativ schnell die Höhe verstellen, ohne das man die Hauptwelle demontieren muss. Des Weiteren ist durch die Scheiben sichergestellt, dass man links und rechts exakt die gleiche Höhe eingestellt hat.

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Die Vorderachse des Velox F1 forderte am meisten Aufmerksamkeit vom Konstrukteur Patrick Schäfer.

mikanews: Wann entstand der erste Prototyp?


Patrick Schäfer: Der erste Shepherd Prototyp enstand im Januar 2016. Allerdings haben wir vorher schon verschiedene Optionen mit einem von Roman und Michael entworfenen Formel gesammelt. Unser Modell baut darauf nicht auf, aber wir konnten so schon recht früh einige Erkenntnisse gewinnen.


mikanews: Das Differenzial wird ja von außen einstellbar sein. Das verbessert die Wartung an einen Formelwagen enorm. Wie kam man auf diesen Geniestreich? Wie wurde es umgesetzt?


Patrick Schäfer: Im Verbrenner-Bereich sind die Fahrer es gewohnt, die Kupplung von außen einzustellen. Ich habe mir überlegt, das muss man doch auch irgendwie für das Differential umsetzen können. Letztendlich war die Lösung gar nicht so kompliziert. Mit einer speziellen Mutter war das Problem recht schnell gelöst. Durch eine Ausfräsung im Diffgehäuse kann man nun sehr einfach die Vorspannung der Mutter ändern. Des Weiteren haben wir noch ein Drucklager verbaut, so dass ein unbeabsichtiges Lösen der Mutter so gut wie ausgeschlossen ist.

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Ein von außen einstellbares Differenzial mit Drucklager ist eine Besonderheit beim Shepherd Velox F1.

mikanews: Die Karosseriehalter mit dem Halter der zentralen Dämpfungseinheit zu verbinden ist eine clevere Idee. Es verringert das Gewicht, die Anzahl der Teile und Schrauben auf der Chassisplatte. War das der Sinn dahinter oder gibt es noch weitere Vorteile? Entstand diese Lösung bereits zum Anfang des Projektes oder wann?


Patrick Schäfer: Die Lösung haben wir von Anfang an angestrebt. Durch die zentrale Anordnung einer einzelnen Dämpferaufnahme wirkt der Dämpfer optimal auf das Chassis. Um diesen Effekt noch zu steigern, sollte der Anpressdruck durch die Karosserie ebenfalls auf diesen Punkt wirken.  Aber natürlich haben auch die Reduzierung von Teilen und das etwas andere Design eine Rolle gespielt.

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Der zentrale Halter in der Mitte ist Anlaufpunkt für Karosseriehalter und Zentraldämpfer.

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mikanews: Beim ETS in Mühlheim-Kärlich war ja der erste Renneinsatz. Wie viel Fahrzeuge sind gestartet? Wer pilotierte sie? Gab es Unterschiede zur geplanten Baukasten-Version?


Patrick Schäfer: Wir waren mit insgesamt 6 Vorserienmodellen am Start. Von Shepherd sind Armin Weihert, Alex Kempe und ich selbst an den Start gegangen. Um Möglichst viele Rückschlüsse zu sammeln, haben wir uns dafür entschieden, noch drei Fahrzeuge an andere Fahrer verschiedener Leistungsstärke zu geben. Dies waren der erfahrene Formel-Pilot Philipp Hagnauer sowie die beiden Privatiers Uwe Sieber und Chris Grenz. Alle Fahrer waren sehr zufrieden mit der Performance und Philipp hatte sogar gute Chancen auf das A-Finale. Leider machte ihm eine gebrochene Felge einen Strich durch die Rechnung.


mikanews: Sind weitere Einsätze beim ETS geplant? Welche Einsätze sind noch geplant? Welche Ziele setzt man sich im Team mit dem F1 in diesem Jahr?


Patrick Schäfer: Mit Sicherheit werden einige unserer Fahrer auch bei weiteren ETS am Start sein. Ob es bei mir selbst dazu zeitlich reicht, wird man sehen müssen. Jetzt geht ja die Nitro-Saison wieder los und da stehen bereits einige Highlights in unserem Kalender.


mikanews: Gab es vorher erste Testfahrten? Wenn ja, wo und wann?


Patrick Schäfer: Die ersten Testfahrten mit dem Velox F1 fanden im Dezember in Beerfelden statt, des Weiteren hat Armin an einem Rennen in Adenau teilgenommen (Januar).

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Ab jetzt auf dem Markt und auf den nächsten Formel-Rennen vermehrt im Einsatz – der Shepherd VeloxF1!

mikanews: Wann ist ein Release geplant? In welcher Preisklasse wird der Velox F1 angesiedelt sein?


 

Patrick Schäfer: Der Velox F1 ist bereits verfügbar, mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 319,- € liegen wir im Bereich der Konkurrenz.


mikanews: Der gute Support von Team Shepherd an der Rennstrecke ist in Verbrennerkreisen längst bekannt und imponierend. Wird diese Strategie in dieser oder ähnlicher Form bei Elektrorennen erfolgen?


Patrick Schäfer: Wir sind im Gespräch mit einigen Fahrer, die unseren Formel einsetzen wollen und die sich dann auch an der Rennstrecke um Support kümmern.


mikanews: Welche (Team)fahrer werden den F1 regelmäßig einsetzen?


Patrick Schäfer: Philipp Hagnauer wird nach seinen Möglichkeiten noch das ein oder andere Rennen bestreiten. Zudem konnten wir Kai-Oliver Guttschau für uns gewinnen, der ebenfalls einige Erfahrung im Bereich Formel vorweisen kann. Auch von unseren Verbrenner-Fahrern wird bestimmt mal der ein oder andere etwas Elektro-Luft schnuppern.


mikanews: Vielen Dank für die ausführlichen Erklärungen. Nun ist die Neugier der Mikanews-Leser sicher befriedigt. Viel Glück dir und deinen Fahrern bei der anstehenden Nitro-Saison.

 

weitere Links zum Velox F1:

Kai-Oliver Guttschau bei Team Shepherd

Velox F1 vom Team Shepherd

CHASSISFOKUS SHEPHERD VELOX F1 – KAI-OLIVER GUTTSCHAU